Großmutter war für ihre hervorragende Kochkunst bekannt. Ihre Mahlzeiten waren das Herzstück unserer Familientreffen und erfüllten unsere Mägen und Seelen mit Wärme und Geschmack. Doch eines Tages geschah etwas Ungewöhnliches – etwas, das einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließ und mir eine Lektion fürs Leben erteilte.
Es war ein ganz normaler Abend. Normalerweise wehte der Duft des Abendessens durch das Haus und ließ allen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Doch dieses Mal war es nicht der Duft von würzigen Gewürzen oder süßen Desserts – es war der unverkennbare Geruch von angebranntem Essen. Meine Großmutter stellte einen Kuchen auf den Tisch, dessen Kruste schwarz wie Kohle verkohlt war. Er war nicht nur leicht zu stark gebacken; er sah aus, als hätte er zehn Runden im Ofen hinter sich und verloren.
Ich beobachtete ihn neugierig und wartete, wie mein Großvater reagieren würde. Er war ein Mann weniger Worte, aber immer gutherzig. Zu meiner Überraschung sagte er nichts über den Zustand des Kuchens. Stattdessen schnitt er sich ein Stück ab, biss hinein und fragte beiläufig: „Wie war dein Tag?“
Keine Beschwerden. Keine hochgezogenen Augenbrauen. Nur Akzeptanz – und Liebe.
Später am Abend hörte ich, wie sich meine Großmutter bei ihm für das desaströse Dessert entschuldigte. Sie klang aufrichtig reumütig und machte sich Vorwürfe, beim Backen nicht besser aufgepasst zu haben. Doch was mein Großvater dann sagte, ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben:
„Liebling, mir schmeckt dein Kuchen.“
Sein Ton war ruhig, liebevoll und aufrichtig. Kein Hauch von Sarkasmus oder Frustration war zu hören – nur beruhigend.
Eine Lektion in Sachen Perspektive
. Im Nachhinein musste ich ihn einfach fragen, ob er es ernst gemeint hatte, als er sagte, ihm gefiele der Kuchen. Hat es ihm tatsächlich Spaß gemacht, etwas so Verbranntes zu essen?
Er legte mir den Arm um die Schulter und lächelte mich wissend an. „Deine Oma hatte einen harten Arbeitstag“, erklärte er. „Sie war müde. Der angebrannte Kuchen hat mir nicht geschadet, aber ein scharfes Wort hätte ihr wehtun können.“
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